Wie ein neuer Jahrgang entsteht

Jedes Jahr im Frühjahr werden in Herrnhut die Losungen für das überübernächste Jahr gezogen oder »gelost«. Der zeitliche Vorlauf von drei Jahren wird vor allem deshalb benötigt, weil die Losungen dann noch in mehr als 55 Sprachen übersetzt werden müssen. So wurden am 22. April 2020 die Losungen für 2023 gezogen.

Das Ziehen der Losungen findet immer in Herrnhut statt, in einem kleinen Saal des »Vogtshofes«, der auch einer der drei Verwaltungssitze der Evangelischen Brüder-Unität ist. Am Losungsziehen beteiligt sind die Mitglieder der Direktion, der Kirchenleitung der Europäisch-Festländischen Brüder-Unität, sowie ökumenische Gäste. Die Losungsverse eines Jahrganges werden Tag um Tag vom 1. Januar bis zum 31. Dezember gezogen.

Das »Spruchgut«, das ist die Sammlung der alttestamentlichen Verse, aus denen die Losungen gezogen werden, repräsentiert sich in Gestalt von 1.824 nummerierten Kärtchen. Da die Sprüche der letzten beiden Jahrgänge der Losungen pausieren, befinden sich tatsächlich nur rund 1.100 Kärtchen in der Losungsschale.

Aus rund 1100 alttestamentlichen Bibelversen werden die Losungen gezogen.

Nachdem die Losungsverse gezogen wurden, beginnt die Arbeit des Losungbearbeiters. Seine Aufgabe besteht darin, die alttestamentliche »Losung« mit zwei passenden Texten, einem aus dem Neuen Testament und einem Liedvers oder einem Gebet, zu ergänzen.

Wenn die drei Texte für jeden Tag feststehen, ist das Manuskript für die Losungen eines Jahrganges abgeschlossen. Es wird nun an die internationalen Übersetzerinnen und Übersetzer versandt sowie für den Druck aufbereitet.

Die Losungen unterliegen keinem ehernen Gesetz. In regelmäßigen Abständen werden die alttestamentlichen Sprüche von einem Ausschuss durchgesehen. Vorschläge für neue Losungen werden bearbeitet und bisher bekannte Texte herausgenommen, wenn beispielsweise ihre Aussagekraft zu einseitig interpretierbar oder nicht mehr verständlich ist.